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Pflegekräfte wünschen sich einen besseren Personalschlüssel und weniger Bürokratie – Bad Königshofen (rv) Wie wirken sich Gesetze und Verordnungen im Bereich Pflege in der Praxis aus, was hat sich bewährt, was muss verbessert werden? Um Fragen wie diese drehte sich der Pflegestammtisch in den Räumen der Caritas Sozialstation am Donnerstag, zu dem der Landtagsabgeordnete Steffen Vogel, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales sowie im Ausschuss für Pflege und Gesundheit, eingeladen hatte. Als zusätzlichen Gesprächspartner hatte er seinem MdL-Kollegen Hermann Imhof, Patienten- und Pflegebeauftragter, mitgebracht.

Vertreter von Pflegeheimen, Sozialstationen und Pflegediensten waren anwesend, mit dabei auch Angelika Ochs, Geschäftsführerin des Caritasverbandes Rhön-Grabfeld, Hubert Kießner, BRK Kreisgeschäftsführer und stellvertretender Landrat Peter Suckfüll. Impulse aus der Praxis wollten die beiden Abgeordneten mit in den Landtag nehmen, die bekamen sie im Verlauf der lebhaften Diskussion. Für 70 Prozent der Gesundheitspolitik bestimmt die Bundesregierung, der Rest ist Ländersache, daran erinnerte Imhof in seinem Statement. Drei Pflegestärkungsgesetze seien Schritte in die richtige Richtung, aber die Entwicklung sei noch nicht am Ende. Er erinnerte daran, dass viele Pflegekräfte zeitlich, physisch und psychisch am Limit arbeiten, dazu kommen unzählige pflegende Angehörige, die unter erschwerten Bedingungen Angehörige rund um die Uhr versorgen. Knackpunkt in den Pflegeinrichtungen bleibe der Personalschlüssel, was die Anwesenden bestätigten. Allerdings würde sich mehr Personal kostensteigernd auswirken.

„Was ist uns eine menschenwürdige Versorgung wert?“, fragte Imhof, der die Anwesenden im Einvernehmen mit Steffen Vogel dazu aufrief, selbstbewusst aufzutreten und Werbung für ihren Beruf zu machen. Immerhin werden die Azubis schon im ersten Lehrjahr bestens bezahlt, die Mitarbeiter sind einfühlsam, sozial eingestellt und unverzichtbar in der immer älter werdenden Gesellschaft, haben also einen krisensicheren Job. Am Image der Pflegeberufe muss dringend gearbeitet werden, darüber waren sich alle Anwesenden einig. Ein Verfechter der „Pflegekammer“, die es als Interessenvertretung schon in vielen Bundesländern gibt, aber nicht in Bayern, ist Imhof deshalb. Es werde aber eine Bundespflegekammer geben, sagte Vogel voraus.

Kritik seitens der Diskussionsteilnehmer gab es zur generalistischen Ausbildung, das bedeutet, alle Pflegeberufe erhalten anfangs den selben Unterricht, im dritten Lehrjahr wird differenziert. Für die speziellen Lerninhalte für Kinderkrankenschwestern oder Altenpfleger bleibt nur ein Jahr. Auch Angelika Ochs hält das System für „völlig verfehlt“. „Wir bilden aus, dann arbeiten die Azubis am Ende doch lieber im Krankenhaus“, beschwerte sich der Leiter eines Pflegedienstes. Aus diesem Grund soll eine Ausbildungsumlage Ungerechtigkeiten beseitigen, außerdem sind die Betroffenen dafür, die Förderung von Umschülern, wie früher üblich, beizubehalten.

Diskutiert wurde auch über das Problem Kurzzeitpflege, die belastend für die Einrichtungen ist, und insgesamt zu viel Bürokratie. „Wir rechnen minutengenau Kämmen, Waschen, Rasieren ab, in Hessen zum Beispiel wird nur unterschieden zwischen „großer“ und „kleiner“ Körperpflege“, berichtete eine der Anwesenden. Es gehe auch einfacher. Als besonders frustrierend werden Ungerechtigkeiten und Fehlentscheidungen seitens der Sachbearbeiter der Krankenkassen und des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) empfunden. Wenn ärztliche Verordnungen durch Sachbearbeiter hinter dem Schreibtisch infrage gestellt werden, wenn Spritzengeben und das Anlegen von Wundverbänden aus Sparsamkeitsgründen auf die Angehörigen der Pflegefälle abgewälzt wird, gehe das zu weit, wurde diskutiert. Die alten Leute würden keine Beschwerdebriefe schreiben, wenn sie sich beim Pflegegrad falsch eingestuft fühlen, hieß es. 

Wie wichtig die Imagepflege bei einem Berufsbild ist, zeigt die Tatsache, dass es für die Ausbildung zum Notfallsanitäter sogar Wartelisten gibt, wie Hubert Kießner berichtete. Es sollten die schönen Seiten der Pflegeberufe, bei denen die Bezahlung besser ist, als viele Leute denken, in den Vordergrund gestellt werden, sagte Vogel. Bei ihm bedankten sich Peter Suckfüll und Angelika Ochs für die Organisation des Pflegestammtischs.

©Regina Vossenkaul

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